Beschreibung
Das Konvolut, die Fassungen und ihre Deutung
Das Schreibleben des Thomas Bernhard in der Zeitspanne zwischen 1957 und 1963, also zwischen der Publikation des ersten Gedichtbands Auf der Erde und in der Hölle und dem ersten Roman Frost, rechnet zu den von der Forschung ignorierten Themen. Woran hat er neben dem ominösen Roman Der Wald auf der Straße gearbeitet? Wie kam seine Prosa zustande? Bilden die überlieferten Typoskripte zu vernachlässigende Produkte eines Scheiterns, das er erst 1963, mit der Publikation von Frost, überwand?
Die Studie von Stefano Apostolo erlaubt aufgrund philologischer Kärrnerarbeit an dem Romanprojekt Schwarzach St. Veit einen umfassenden Einblick in die frühen Versuche Bernhards und belegt bis ins kleinste Detail seine Kompositionstechniken. Sie stützt sich auf das komplette Nachlass-Material, wie es infolge der Digitalisierung des Thomas Bernhard Archivs durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften bereitsteht.
Rezensionen:
Sensationell ist nicht nur die Tatsache, dass es von einem weltberühmten Autor überhaupt noch unpublizierte Werke gibt, wo doch sonst jeder Küchenzettel der internationalen Literaturstars abgedruckt wird. Beispiellos ist auch Stefano Apostolos Studie Thomas Bernhards unveröffentlichtes Romanprojekt „Schwarzach St. Veit“. Das Konvolut, die Fassungen und ihre Deutung im Korrektur Verlag. Dem jungen italienischen Germanisten ist es gelungen, ins Allerheiligste des Bernhard-Archivs vorzudringen, die Werkstufen zu analysieren und erstmals ausführlich und systematisch aufzuzeigen, dass sich in diesen frühen abgelehnten Texten aus den Jahren 1957 bis 1961 bereits viele von jenen Bausteinen finden, die der Autor später in seinem Gesamtwerk wiederverwerten sollte.
Franz Haas, in: Volltext, 1/2020.
All that was now needed was to weed out the vestigial deference to the novel form – the concession to multiple perspectives, to the demands of plotting or characterization – that stood in the way of his manic, imperious soliloquies, which changed the course of modern fiction. In tracing out this process of sorting, expansion and discarding, Apostolo rarely allows his speculation to stray beyond archival sources, and this judiciousness gives his book an authority not often encountered in studies on the genesis of an author’s style.
Adrian Nathan West, in: The Times Literary Supplement, 6119 (10.7.2020).
Die Fülle editionsphilologischer Beobachtungen, die alle Kapitel prägt und hier nur in Nuancen besprochen wird, ist klasse. Sie fasziniert, ist spannend zu lesen, gibt einen tiefen Einblick in Bernhards Arbeit am Schreibtisch (oder im Kaffeehaus) und hilft im Detail bei der weiteren Auslegung der Texte. […] Die Sprache der Arbeit selbst verwehrt sich jeder Bernhardschen Vereinnahmung und auch dem Drang zur Sophistizierung. Der Text liest sich schön und kenntnisreich, nicht nur für Germanisten. Er stellt die richtigen Fragen bei Wiederholungsvermeidung bereits zu häufig gemahlener Thesen, lässt zugleich die Darstellung der Forschungstradition nicht vermissen.
Matthias Knopik, in: Germanisch-Romanische Monatsschrift, 71.1 (2021).
Über den Autor Stefano Apostolo:
Stefano Apostolo, geb. 1989, studierte Germanistik und Anglistik zwischen 2008 und 2014 in Mailand und Heidelberg und wurde mit der vorliegenden Arbeit in Mailand und Wien promoviert; er arbeitet zur Zeit als Postdoc an der Universität Mailand.