faustkultur.de beleuchtet in der Besprechung von Alexandru Bulucz tiefgehend den Titel „Anneliese Botond: Briefe an Thomas Bernhard“.
Wären Menschen nicht von Natur aus übermäßig an Klatsch und Tratsch interessierte und für immer verschüttete Geheimnisse nicht ausstehen könnende Neugiernasen, sie würden nach der Lektüre versucht sein zu behaupten, dass die Briefedition durch den Verlust der einen Hälfte um Einiges hinzugewinnt. Was Botond im Sinn hatte, als sie zum Beispiel schrieb – „Zu unserem gemeinsamen Wochenende will ich jetzt nichts mehr sagen. Es kämen mir vermutlich zu viele oder zu wenig Worte. Ich bin Ihnen aber dankbar für diese zwei Tage.“ (28.1.64) –, wird keiner mit Sicherheit sagen können. Weitgehend von der autorschaftlichen Selbstinszenierung Bernhards verschont, überlässt die Briefedition also allen Raum der Perspektive Botonds auf ihn. Obwohl Bernhards dominante Art mit den Jahren zunehmend auch sie für ihn einnimmt, verliert die Lektorin zu keinem Zeitpunkt ihre Unabhängigkeit. Den endgültigen Beweis dafür erbringt sie schließlich, indem sie 1969 sowohl dem Verlag als auch ihrem noch nicht vierzigjährigen Schützling den Rücken kehrt.
Quelle: Territorium der Haifische